Stolberger Geschichts- und Traditionsverein e. V.
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Heinrich XX. "der Jüngere" Graf zu Stolberg (1467-1508)

Eltern und Geschwister

Heinrich XIX. "der Ältere"Graf zu Stolberg
1433-1511

oo
1452
Mechthild Gräfin von Mansfeld
1436 - 1468


oo
1474
Elisabeth Gräfin von Württemberg
1447-1505




1) Anna
1458-1526 (Gemahlin von Jakob Graf von Lindow, Herr zu Ruppin und Möckern)
2) Katharina
1463-1535 (Klosterfrau zu Rohrbach, 1501 Äbtissin von Drübeck)
3) Caspar
1464-1468
4) Heinrich XX. "der Jüngere"
1467-1508
5) Botho III., "der Glückselige"
1467-1538

6) Brigitta
1468-1518 (Gemahlin von Bruno XII. Herr von Querfurt)



Ehefrau und Kinder

--



Heinrich, der Jüngere, Graf zu Stolberg und Wernigerode, geboren am 4. Januar 1467, gest. als Statthalter von Westfriesland am 16. Dezember 1508 zu Köln.

Als der älltere von zwei Zwillingssöhnen Graf Heinrich des Älteren und seiner Gemahlin Mechthild, geb. Gräfin zu Mansfeld, hatte Graf Heinrich der Jüngere die nächste Aussicht, des Vaters Nachfolger im Regiment zu werden und genoß deshalb, wie sich aus der erworbenen Geschäftstüchtigkeit ergibt, eine sorgfältige Vorbildung. Genaueres wissen wir aber darüber nicht, wenn wir auch Grund haben, anzunehmen, dass er diese Ausbildung besonders am sächsischen Hofe erhielt, zu welchem wir ihm schon 1489, dann besonders seit 1491 in Beziehung sehen. Aber auch in den stolbergischen Landen sehen wir ihn schon seit dem ersteren Jahre an Regierungshandlungen teilnehmen. Ende 1497 wird ihm sogar unter schwierigen Verhältnissen das stolbergische Regiment auf drei Jahre übertragen, dann am 11. Dezember 1499 auf vier Jahre zugleich mit seinem Bruder Botho. Dieser Aufgabe unterzog er sich mit großem Eifer; es ist dabei aber auch die zarte Rücksichtnahme auf Vater und Bruder zu bemerken. Mehr hervortretend ist aber seine Wirksamkeit für das Haus Sachsen, dem er seine ganze Lebenstätigkeit widmet, allermeist dem Herzoge Georg. Hierbei sehen wir ihn nicht nur an den Hof gefesselt, demselben nach Dresden, Leipzig, Torgau, Naumburg oder auf Zügen nach Ungarn, Preußen (1498), nach dem gelobten Land (Frühjahr bis Sommer 1493), mit Vater und Bruder nach Mastricht (1499) folgen, sondern auch als Unterhändler, Zeugen oder Vertreter in allerlei Geschäften tätig. Aber nicht diese ihn von einem Ort zum anderen ziehende mannichfache Wirksamkeit würde seinen Namen zu einem geschichtlich denkwürdigem gemacht haben, wenn ihm nicht eine selbständige Aufgabe zugefallen wäre. Bekanntlich hatte sich Kaiser Maximilian veranlasst gesehen, dem Herzoge Albrecht dem Beherzten von Sachsen für seine Bemühungen bei Bezwingung von Friesland und wegen geleisteter Vorschüsse dieses Land als Gubernator zu überlassen; Aber alle aufgewandten Mittel und siegreichen Kämpfe hatten im Lande es zu keinem sicheren Regimente kommen lassen. Da entschloß sich Herzog Albrecht, den Grafen Heinrich zu Stolberg, dessen Tüchtigkeit er erkannt und den er im Juli 1504 auch schon auf friesischem Boden zu Apingadam an seiner Seite gehabt hatte, zu seinem Statthalter in Friesland zu ernennen, um das Land mit einer guten Regierung zu versehen. Dies geschah am 14. April 1506. Als er dort mit anderen sächsischen Bevollmächtigten ankam, überließ er dem Grafen Edzard bis zu näherer Entscheidung die Regierung in dem von ihm bezwungenen Groningen und Ommelanden bis zur Ems unter gewissen Bedingungen, er selbst aber wurde am 6. Juli 1506 auf einem Landtage zu Leewarden durch den Obermarschall Heinrich von Schleinitz feierlich an die Stelle der abtretenden sechs Regenten als herzoglicher Regent oder Statthalter des Landes zwischen Vlie und Lauwer (Westfriesland) verkündet, was auf einem neuen Tage zu Adwerd bald danach erneuert wurde.

Sobald dem Grafen sein bestimmter Wirkungskreis angewiesen war, bemühte er sich, hier den Frieden herzustellen, was ihm auch bei dem großen Vertrauen, das er sich von Anfang an zu gewinnen wusste, in überraschender Weise gelang. Sein Bestreben war auf die Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes ebenso wie auf eine einheitliche geordnete Verwaltung und ganz besonders auf eine unparteiische, gerechte Rechtspflege gerichtet. In ersterer Beziehung nahm er sofort mit allem Eifer die Herstellung der Hauptverkehrsader des Landes, des Wasserweges zwischen Harlingen, Francker, Leewarden und Groningen in die Hand. Schon 1456 war das Werk geplant, aber wegen Uneinigkeit liegen geblieben. Er aber wusste die tatkräftigen Leute zu vereinigen und kleine Anstände zu beseitigen. Im Jahre 1507 waren die Arbeiten in geregeltem Gange. Betrafen Bestimmungen über Salzkauf und Maaß noch die materielle Frage, so konnten sich doch die besten und innerlichen Eigenschaften des Grafen erst reicher entfalten in dem Erlaß und der Durchführung einer neuen Landes- und Gerichtsordnung. Auch hier schloß er sich an eine vorhandene Ordnung an und war nur bestrebt, die Mängel derselben abzuschaffen, besonders aber dahin zu wirken, dass keine Klagen über die mangelhafte Ausführung bestehender Satzungen mehr nötig seien. Er ließ daher die Leute zu Worte kommen und sich gewissenhaft über bestehende Missstände unterrichten. Es wird berichtet, dass er Bevollmächtigte ins Land geschickt habe, um sich über etwa vorkommende Bedrückungen Kenntnis zu verschaffen. In seiner neuen Landesordnung werden nun die Gerichtsleute an ihre Pflicht erinnert, Armen wie Reichen gutes Recht zu gewähren, die Untertanen von den Beschwerungen durch die Säumigkeit des geistlichen Gerichts zu befreien, keine Gerichtskosten zu eigenem Vorteil festzusetzen, die Strafen öffentlich bekannt zu machen, niemals die Parteien selbst als Zeugen zum Beweise zuzulassen. Ferner sollen alle Unordnungen in der Prozessführung, über die sehr geklagt werde, abgeschafft und soll darauf gesehen werden, dass namentlich nicht von den Priestern nach den bisherigen alten Satzungen den Leuten Strafen auferlegt werden; die Unmündigen sollen überall Vormünder erhalten, die Totschläger möglichst schnell zur Strafe gezogen werden. Der Instanzengang beim Gericht wurde geregelt. Freudig begrüßt wurde gewiß auch die Bestimmung, dass bei Unglücksfällen durch Wasser für schleunige Hilfe gesorgt und für eine gerechte Verteilung der Abgaben sorge getroffen werden solle. Des Grafen eigenes Tun und Beispiel verlieh solchen heilsamen Bestimmungen Wert und Hochdruck. So geschah es denn, dass nach kaum 2 Jahren das den Friesen bis dahin verhasste sächsische Regiment von dem Volke als ein Segen empfunden wurde und Graf Heinrich zu Stolberg sein Liebling geworden war. Von dem gleichzeitigen Jancko Douwana an, den man für einen geworbenen Lobredner halten könnte, wenn seine Angaben nicht zu bestimmte und mit anderen Zeugnissen übereinstimmend wären, sind alle friesischen Schriftsteller einig in dem Lobe des Grafen, der als ein aufrichtiger Christ, der Gott, seine Pflicht und das Land lieb hatte, anerkannt, dessen Lindigkeit und unparteiische Gerechtigkeit gerühmt wird. Auch Herzog Georg wusste, was er an dem Statthalter besessen und bekannte bald nach seinem Ableben, dass durch sein Ausscheiden des Herzogs Regiment in Friesland „etzlichermaßen zerrüttet“. Er stiftete Seelenmessen für den Dahingeschiedenen und setzte aus Dankbarkeit seinen Erben eine ansehnliche Summe aus. Schon kurz vor Pfingsten 1508 war nämlich der Graf kränklich nach dem Harz zurückgekehrt, hatte dort Schlackenbäder genommen und sich dann im August nach Bad Ems begeben. Zu Köln am Rhein, wo er um Michaelis ferner ärztliche Hilfe suchte, verschied er am 16. Dezember und wurde am 4. Januar 1509 in der Familiengruft zu Stolberg beigesetzt.

Botho, Graf zu Stolb.-Wernigerode, Geschichte des Hauses Stolberg vom Jahre 1210 bis zum Jahre 1511, herausgeg. Von G.A.v. Mülverstedt, Magdeb. 1883 S. 503 - 537

Ed. Jacobs



Der Aufsatz wurde mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Staatsbibliothek der "Allgemeinen Deutschen Biographie" (A.D.B.- Elektronische Version, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Bayerischen Staatsbibliothek, Januar 2003), entnommen.

Er stammt von Eduard Jacobs und spiegelt den Wissensstand zum Zeitpunkt des Erscheinens der A.D.B. (1875 - 1912) wider . In der gedruckten Fassung findet sich der Aufsatz im Band 36, S. 333-335.