Stolberger Geschichts- und Traditionsverein e. V.
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Philipp Phoebus (1804 - 1880)

Philipp Phoebus wurde am 27. Mai 1804 als Sohn eines in Mährisch-Friedland lebenden Arztes geboren. Er studierte in Berlin Medizin, allerdings mit zweijähriger Unterbrechung, die er wegen eines Duells auf der Festung zubrachte. Nach seiner Dissertation 1827 machte er eine wissenschaftliche Studienreise nach Süddeutschland, Frankreich, Schweiz und Österreich. 1831 kehrte er nach Berlin zurück und wurde Prosector an der Charite. Im Jahre 1835 nahm er die Arztstelle bei den Stolberger Grafen an und siedelte nach Stolberg über. Seine Privatdozentenstellung an der medizinischen Fakultät in Berlin behielt er jedoch bei. In Stolberg übte er acht Jahre seine ärztliche Praxis aus und führte pharmakologische, toxikologische und naturwissenschaftliche Studien durch. Aus dieser Zeit stammen seine Arbeiten: „Kurze Anleitung zur ersten Hülfeleistung bei akuten Vergiftungen“ (1836), „Deutschlands kryptogamische Giftgewächse“ (1838) sowie das überarbeitete „Handbuch der Arzneiverordnungslehre“ (2 Teile 1839/40), das ebenso wie die „Kurze Anleitung..“ in Stolberg beim Buchdrucker Schmidt gedruckt und verlegt wurde. Außerdem veröffentlichte er in verschiedenen Zeitungen eine Reihe botanischer und geologischer Artikel. 1843 wurde er als Professor der Medizin und Pharmakologie nach Gießen berufen, wo er das erste pharmakologische Institut in Deutschland gründete und bis 1867 leitete. Nach schwerer Erkrankung musste er 1867 um Abberufung aus seiner amtlichen Stellung bitten. Er starb am 01.07.1880 in Gießen. Seine pharmakologische Sammlung füllte acht Schränke "in zwei großen Stuben", zunächst in seiner Privatwohnung, dann im Postgebäude.

Phoebus genoss hohes Ansehen, nicht nur als Pionier der Allergieforschung, sondern auch als Vorkämpfer für ein kontrolliertes Apothekenwesen. Sein Gießener Grabstein trägt die Aufschrift: PRAECEPTOR PHARMACIAE GERMANIAE.

Im Internet findet sich folgender Auszug eines Briefes von Philipp Phoebus über die Neubesetzung einer Leibarztstelle beim Grafen Stolberg. Der Brief stammt vom Juni 1852, also 9 Jahre nach seinem Weggang aus Stolberg.


"[...] Der Verstorbene, Dr. Kröning, ein recht tüchtiger, auch vielseitig gebildeter Arzt, hatte als Physikus und Hofmedicus ein Fixum von 300 rth, dazu ein (wahrscheinlich sehr reichliches) Brennholz-Deputat, dies beides von dem Standesherrn, dem Grafen zu Stolberg-Stolberg, ferner ein Fixum von c. 60 rth für die Behandlung der innungsartig verbundenen Holzhauer (vielleicht auch, doch bezweifle ich dies, ein Fixum für die Behandlung des Personals zweier benachbarter Eisenhütten, welche einem Herrn Bennighauß gehören). Sein sonstiges Einkommen schätze ich auf 600 rth. Eine erhebliche Vergrößerung desselben durch weitere Ausdehnung der Praxis dürfte schwierig seyn, weil die benachbarten Städte und Flecken alle ihren Arzt haben und die Praxis auf dem gräflichen Schloße den Hofmedicus oft und viel in Anspruch nimmt. Dieselbe legt ihm auch die Nothwendigkeit auf, oft in gewählter Kleidung - wenn er zur Tafel geladen wird, oft im Frack - zu erscheinen. Dagegen bringt die Stellung zum Schloße wohl auch noch manche kleine Nebenvortheile mit sich, und wenn auf dem Schloße erhebliche Krankheiten vorfielen, würde gewiß ein anständiges Extrahonorar nicht ausbleiben. Mit 1000 rth aber kann in Stolberg, wo die Lebensbedürfnisse sehr wohlfeil sind, ein Arzt mit Frau und etlichen Kindern sehr behaglich leben. Die Gegend ist reizend schön. Die Physicats-Geschäfte, welche sich nur über die Grafschaft Stolberg-Stolberg erstrecken, sind wegen der Kleinheit des Bezirks bei weitem nicht so zeitraubend als die eines kön. Preuß. Physicus, übrigens ganz derselben Art. Man wünscht nun die Stelle ungesäumt wieder zu besetzen durch einen tüchtigen Arzt, der das Preußische Physicats-Examen (welches die vorangegangene Approbation als Geburtshelfer voraussetzt) gemacht hat oder wenigstens sich anheischig macht, es alsbald zu bestehen. Derselbe müßte aber meines Erachtens auch ein Mann von feinen Sitten und gewandt im Umgange seyn, wenn das Verhältnis zu der gräflichen Familie ihm ein dauernd angenehmes werden soll [...] Für diesen geringen formellen Zwang, an den man sich in den ersten 8 Tagen gewöhnt, würde er sehr vollkommen entschädigt werden durch die sehr reelle Humanität, Liebenswürdigkeit und hohe Bildung der gräflichen Familie, in welcher auch die Herzensgüte ganz zuhause ist. Man würde sonder Zweifel einen Arzt, der schon eine Zeitlang practicirt hat, einem ganz jungen vorziehen, auch einen verheirateten einem unverheirateten; doch wird in dieser Beziehung nichts zur Bedingung gemacht, vielmehr würde eine vollgültige Empfehlung durch einen Arzt von größerem Ruf, zumal aber durch Herrn Professor Dr. Zeis, von besonderem Gewichte seyn. Wer die Stelle ambirt, der hätte sich, schriftlich oder mündlich, an den Herrn Grafen zu Stolberg-Stolberg selbst zu wenden, sich etwa die Mittheilung der näheren Bedingungen zu erbitten oder auch - und das wäre noch kürzer und einfacher - sich von vornherein mit den Emolumenten, welche Dr. Kröning genoß, zufrieden zu erklären..."

(Briefauszug mit freundlicher Genehmigung von Eberhard Köstler - Bücher und Autographen - www.autographs.de)

Mario Bolte (2003)

Quellen und Links:

Allgemeine Deutsche Biographie, Elektronische Version, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Bayerischen Staatsbibliothek, Januar 2003

Geschichte des Rudolf-Buchheim-Institutes in Gießen

Bildnachweis:

Justus-Liebig-Universität Gießen