Stolberger Geschichts- und Traditionsverein e. V.
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Müntzer in Stolberg

Müntzerdenkmal auf dem Stolberger Markt

Müntzerdenkmal auf dem Stolberger Markt

"Es war trübe um ihn von vorn an. Fast verlassen wuchs der junge düstere Mensch auf. Müntzer wurde als einziger Sohn kleiner Leute um 1490 in Stolberg geboren. Seinen Vater hat er frühe verloren, seine Mutter wurde übel behandelt, man suchte sie als angeblich mittellos aus der Stadt zu weisen. Der Vater soll, ein Opfer gräflicher Willkür, am Galgen geendet haben. So erfuhr schon der Knabe alle Bitternisse der Schande und des Unrechts."

So schreibt Ernst Bloch in seinem Müntzerbuch über die Jugend in Stolberg. An dieser zu Herzen gehenden Geschichte stimmt allerdings mit Ausnahme des Geburtsortes nichts.

Thomas Müntzer wurde tatsächlich in Stolberg am Harz geboren. Er selbst nennt seinen Geburtsort in mehreren Dokumenten, unter anderem im Inskriptionsvermerk der Frankfurter Universitätsmatrikel (1512), dem Prager Manifest (1521) und der "Protestation oder Erbietung..." (1524).

Die Familie Müntzer ist gesichert in Stolberg nachzuweisen. So wird bei Zeitfuchs ein Barthol Müntzer als Stolberger Weinmeister im 15. Jahrhundert erwähnt, Jacobs berichtet von einem Berld Monczer (1419) und einer Merthe Monczers (1424). Bekannt sind außerdem ein Thomas Müntzer, der bei einer Tanzbodenschlägerei 1484 mit dem Gesetz in Konflikt kam und ein Matthes Montzer, der von 1484 - 1500/01 als Münzmeister in Stolberg nachweisbar ist. Unbekannt sind allerdings die verwandschaftlichen Beziehungen zu Thomas Müntzer. Mittlerweile wird aufgrund verschiedener Indizien jedoch letztgenannter Matthes Montzer allgemein als Vater angenommen. Das seine Familie tatsächlich nicht unvermögend war, schreibt Müntzer in einem Brief an seinen (Stief-)vater wegen einer Erbschaftsangelegenheit: "... Meyne muter hat genunck zu euch bracht, das myr viel leuthe zu Stolberk und Quedellingeburgk bezeugen. Sye hat oehr broeth wol dreyfechtigk vordyneth..."

Schwieriger wird es schon mit seinem Geburtsdatum. Bislang wird davon ausgegangen, dass aufgrund seiner Universitätseinschreibung im Jahre 1506 in Leipzig und einem Mindestalter von 17 Jahren, um zur Bakkalaureatsprüfung zugelassen werden zu können, dafür 1489 am wahrscheinlichsten ist. Aufgrund des seinerzeit noch üblichen Verfahrens, den jeweiligen Tagesheiligen auch als Vornamen zu vergeben, würde der 20./21. Dezember als Geburtstag in Frage kommen. Dies sind aber schon nur noch Vermutungen, da diese althergebrachte Verfahrensweise nicht immer eingehalten wurde.

Hartnäckig hält sich bis heute das Gerücht, Müntzers Vater wäre vom Stolberger Grafen hingerichtet worden. Zum erstenmal erscheint es in dem 1563 veröffentlichten Buch von J.A. Manlius "Locorum communium collectanea". Es gibt übrigens auch noch eine Variante, dass Ernst von Mansfeld ihn "falscher Muntze halber" habe verbrennen lassen.

Thomas Müntzers Geburtshaus in der Niedergasse 2Ungewissheit umgibt auch das Geburtshaus. Verschiedene Indizien sprechen in der Tat für das Haus in der Niedergasse 2. Zeitfuchs schreibt: "Er soll gebohren seyn in Hr. Henning Oppermanns Hause...". Es wäre durchaus denkbar, dass im "kollektiven Gedächtnis" der richtige Ort erhalten geblieben ist. Auch durch Dietrich Lücke wurden Indizien vorgebracht, die eine Zuordnung dieses Hauses zu Matthes Montzer ermöglichen.
Im Jahr 1851 brannten zumindest Teile des Hauses ab, vier Eckständer einer Bohlenstube mit Heiligenfiguren wurden gerettet und befinden sich heute im Museum "Alte Münze".

Nichts spricht also für die eingangs zitierte düstere Schilderung, im Gegenteil ist es ziemlich sicher, dass Müntzer in behüteten Verhältnissen aufwuchs. Die Familie verzog um 1500 - vermutlich nach dem Tod des Vaters - nach Quedlinburg, wo sich zunächst seine Spur verliert.
Erwähnenswert ist aus Stolberger Sicht die Anstellung Müntzers am Erfurter Peterskloster im Dezember 1521, die von zwei aus Stolberg stammenden Mönchen, Martin Gentzel und Veit Goldschmidt vermittelt wurde.

Müntzer ist im April 1522 noch einmal nach Stolberg zurückgekehrt und hielt mehrere Predigten in der Martinikirche. Cyriacus Spangenberg, Sohn des in der betreffenden Zeit in Stolberg als Rektor der Lateinschule angestellten Johannes Spangenberg, schreibt dazu: "Es mag auch Müntzer nicht ein schlechter Prediger im anfang gewesen sein/were er also blieben/Denn ich mich zuerinnern weis/das ich von meinem lieben Vatern seligen/M. Johan Spangenberg gehöret habe. Es sey schade gewesen vmb Thomas Muntzer/das er sich den Teufel mit der hoffart vnd Ehrgeitz (dazu auch rachgierigkeit kommen) also hette einnemen vnd besitzen lassen/Lutherum vnd andere Christliche lerer zu verachten/Vnd von sich selbst mehr zu halten/vnd darzu einen solchen schadlichen Vnchristlichen auffruhr anzurichten/Denn er fur der zeit zu Stolberg/etliche nicht wenig/gar herrliche/schöne vnd Christliche Predigten von jm gehöret hette/Darinnen das geringste nicht zu tadlen gewesen/Wie wol er zu letzt ein mal auff den Palmen Sontag eine Predigt gethan/welche verstendigen Leuten allerley nachdenckens gemachet/sonst were er anders nicht/Denn ein Christlicher Lerer befunden worden."

Die Predigten im Jahr 1522 scheinen einige Spuren in Stolberg hinterlassen zu haben. Müntzer sah sich daher genötigt, am 18. Juli 1523 einen ernsten "sendbrief an seine lieben bruder zu Stolberg unfuglichen aufrur zu meiden" nach Stolberg zu schicken. Darin bescheinigt er den Stolbergern, dass "..yr gleich rhumretig seit und studirte nichts; seyt hinterlessig; wann ir getrinckt, saget yr viel von der sache, wan ir nüchter seyt, forcht ir euch wie die memmen..."

Im Zuge des Bauernkriegs zog ein Stolberger Haufen nach Frankenhausen, um dort an der Schlacht teilzunehmen. Dorthin musste sich ebenfalls Graf Botho begeben, um dem Bund beizutreten. Er verpflichtete sich, seinen Sohn Wolffgang nach Frankenhausen zu entsenden, der dann Zeuge der letzten Stunden wurde. Unmittelbar vor der Schlacht wurde er als Unterhändler der Bauern in das fürstliche Feldlager geschickt und dort gefangen genommen.

Eine Ausstellung im Museum und zwei Denkmale sind in Stolberg Thomas Müntzer gewidmet.

Müntzerdenkmal im Stadtpark

Müntzerdenkmal im Stolberger Stadtpark